Bei Zöliakie wird immer noch von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen. Mit einer Studie zielen Martha Elwenspoek et al. darauf ab, diagnostische Indikatoren zu identifizieren, die dabei helfen, Patienten mit einem höheren Zöliakie-Risiko zu erkennen.
Etwa 1 % der Bevölkerung ist von Zöliakie betroffen, aber nur ca. jeder vierte Fall wird diagnostiziert. Die chronische, immunvermittelte Enteropathie tritt bei genetisch prädisponierten Personen auf. Sie wird durch den Kontakt mit Gluten ausgelöst und verursacht Darmschäden mit unterschiedlichem Schweregrad. Die Zöliakie wird auch als „Chamäleon der Gastroenterologie“ bezeichnet. Unterschiedliche Erscheinungsbilder sowie unspezifische Symptome und Anzeichen erschweren die Diagnose. Viele Zöliakie-Patienten erleben deshalb eine Verzögerung der Diagnose um mehrere Jahre, insbesondere wenn sie unspezifische Symptome aufweisen.
Unerkannt und unbehandelt beeinträchtigen die sich anhäufenden Schäden im Dünndarm die Nährstoffaufnahme. Das erhöht das Risiko für Folgeerkrankungen. Zudem kann die beeinträchtigte Nährstoffaufnahme zu Osteoporose und Anämie führen. Die Studie von Martha Elwenspoek et al. zielt darauf ab, diagnostische Indikatoren zu identifizieren, die helfen, Patienten mit einem höheren Zöliakie-Risiko zu erkennen, bei denen weitere Tests gerechtfertigt sind.
Methode
Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um eine systematische Überprüfung und Metaanalyse, bei der sechs Datenbanken von 1997 bis April 2021 durchsucht wurden. Studien konnten eingeschlossen werden, die diagnostische Indikatoren untersuchten – wie Symptome oder Risikozustände bei Menschen mit und ohne Zöliakie. Das Verzerrungsrisiko wurde mit dem QUADAS-2-Tool bewertet.
Ergebnisse
In die Metaanalysen wurden 191 Studien eingeschlossen, die zu 26 diagnostischen Indikatoren berichteten. Die einbezogenen diagnostischen Indikatoren bestanden aus 7 Symptomen, 17 Risikozuständen und 2 genetischen Prädispositionen. Am meisten wurde bei Symptomen von Bauchschmerzen (n = 12) und Durchfall (n = 12) in den Studien berichtet. Unter den Risikoerkrankungen wurden Typ-1-Diabetes (n = 31) und Schilddrüsenerkrankungen (n = 23) am häufigsten genannt.
Studien, die Symptome im Zusammenhang mit Zöliakie untersuchten, verwendeten überwiegend ein Kohorten- oder Querschnittsdesign, bei dem ein serologischer Test zum Nachweis von Zöliakie verwendet wurde. Studien, die sich mit Risikobedingungen befassten, verwendeten hauptsächlich Fall-Kontroll-Designs, bei denen Menschen mit Zöliakie mit einer gesunden Kontrollgruppe verglichen wurden. Es wurden deutliche Hinweise darauf gefunden, dass Menschen mit Dermatitis herpetiformis, Migräne, HLA DQ2/8-Risiko-Genotyp, Anämie, Typ-1-Diabetes, Osteoporose oder chronischer Lebererkrankung wahrscheinlicher an Zöliakie leiden als die Allgemeinbevölkerung. Bei Menschen mit Psoriasis, Epilepsie, entzündlichen Darmerkrankungen, systemischem Lupus erythematodes, Frakturen, Typ-2-Diabetes und Multipler Sklerose gab es Hinweise auf eine erhöhte Wahrscheinlichkeit von Zöliakie. Diese Erkrankungen werden aber durch zu viele Unsicherheiten als nicht relevant für die Diagnose eingestuft. Eine Sensitivitätsanalyse ergab ein 3-fach höheres Zöliakie-Risiko bei Verwandten ersten Grades von Zöliakie-Patienten.
Fazit
Trotz jüngster Verbesserungen bei der Fallfindung stellt Zöliakie immer noch einen klinischen Eisberg dar, bei dem die meisten Fälle noch entdeckt werden müssen.
Ein höheres Zöliakie-Risiko als die Allgemeinbevölkerung besteht für Menschen mit
- Dermatitis herpetiformis
- Migräne
- Zöliakie in der Familienanamnese
- HLA DQ2/8-Risiko-Genotyp
- Anämie
- Typ-1-Diabetes
- Osteoporose
- chronischer Lebererkrankung
Gezieltes Testen dieser Personen könnte die Fallfindung für Zöliakie verbessern und somit eine angemessene Behandlung beschleunigen sowie nachteilige Folgen reduzieren. Migräne und chronische Lebererkrankungen sind noch nicht in allen Zöliakie-Leitlinien als Risikofaktoren enthalten. Es könnte durchaus angebracht sein, diese hinzuzufügen. Zukünftige Forschungen sollten den diagnostischen Wert der Kombination von Indikatoren ermitteln. Zudem kann die Kombination mehrerer diagnostischer Indikatoren, insbesondere wenn sie in elektronischen Patientenakten automatisiert werden, die Fallfindung weiter verbessern.