Biopsie in der Zöliakie-Diagnostik – Ein Blick auf alternative Diagnose-Ansätze

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Die Biopsie der Zöliakiediagnostik im Erwachsenenalter ist unter anderem fest in der S2k-Leitlinie verankert. Wie die auf der Digestive Disease Week (DDW) vorgestellten Ergebnisse darlegen, zeigt die Forschung seit einiger Zeit aber eine Offenheit gegenüber nicht-invasiven Diagnoseverfahren bei Zöliakie.

Immer wieder wird in der klinischen und wissenschaftlichen Gemeinschaft über die Rolle der Duodenalbiopsie als Grundlage der Zöliakie-Diagnose diskutiert. Unter anderem laut Empfehlungen der European Society of Paediatric Gastroenterology, Hepatology and Nutrition (ESPGHAN) kann die invasive Untersuchung bei Kindern vermieden werden. Deren TTG-IgA-Positivität sei zehnmal höher als normal und Kinder reagieren positiv auf Anti-Endomysium-Antikörper der Klasse IgA, so die ESPGHAN. Auch Forschungsergebnisse, die auf der letzten Digestive Disease Week (DDW), einer wichtigen Veranstaltung für amerikanische Gastroenterologen, vorgestellt wurden, zeigen ebenfalls eine Offenheit für nicht-invasive Diagnoseverfahren bei Verdacht auf Zöliakie. Sie deuten darauf hin, dass ein sehr hoher Gehalt an Anti-TTG-IgA-Antikörpern (10-mal höher als normal) bei Erwachsenen einen hohen Vorhersagewert für Zöliakie hat.

Kritik an der Duodenalbiopsie bei Zöliakie

Fürsprecher des biopsiefreien Ansatzes vertreten die Meinung, dass die Endoskopie zur Entnahme von Zwölffingerdarm-Biopsien sowohl invasiv, kostspielig und risikobehaftet sei. Sie wünschen sich deshalb eine Möglichkeit, diesen Eingriff, wenn möglich, zu umgehen. Neben der Invasivität und Belastung durch die Duodenoskopie wird argumentiert, dass die Entnahme von Biopsien, die Verarbeitung, die Färbung und die Immunfärbung zeitaufwändige und sehr bedienerabhängige Verfahren seien. Studien berichten, dass sich Endoskopiker bei der Entnahme einer ausreichenden Anzahl von Biopsien für die Diagnose von CeD nur zu 35-40 % an die Leitlinien halten. Darüber hinaus ist die variable histologische Klassifikation nach Marsh ein häufiges Phänomen. Somit sei die Biopsie nicht nur körperlich und psychisch belastend, sondern auch ein insgesamt bedienerabhängiges und dadurch fehleranfälliges Verfahren.

Anti-Gewebs-Transglutaminase-IgA-Test – Die Lösung?

Ein favorisiertes Verfahren ohne Biopsie für die Vorhersage von Schleimhautatrophie ist der Anti-Gewebe-Transglutaminase (TTG)-IgA-Test. Studien geben Hinweise darauf, dass das Ausmaß des TTG-Anstiegs mit dem Risiko einer schwereren Schädigung in der Histologie korreliert. Die Literatur zeigt zunehmend, dass TTG unter den verfügbaren glutenbezogenen Biomarkern einen starken positiven Vorhersagewert (PPV) für die Diagnose von Zöliakie hat.

Die Studie von amerikanischen Gastroenterologen

In der auf der DDW 2024 vorgestellten Studie [2] wurde die Genauigkeit der Zöliakie-Diagnose anhand von TTG-IgA im Vergleich zur Zottenatrophie bei der Biopsie bewertet. Es wurden 4.312 Patienten aus sechs US-amerikanischen Zentren, bei denen Duodenalbiopsien und TTG-IgA-Tests innerhalb von drei Monaten vor oder einem Monat nach der Biopsie durchgeführt wurden, einbezogen. Die Forscher schlossen Patienten aus, bei denen zuvor eine Zöliakie diagnostiziert worden war, die einen IgA-Mangel aufwiesen oder die sich glutenfrei ernährten.

27,5 % der untersuchten Patienten wiesen eine Zottenatrophie auf. Die Patienten mit Zottenatrophie waren jünger als die Patienten ohne Zottenatrophie (Durchschnittsalter 41 vs. 45 Jahre) und wiesen einen TTG-IgA-Wert auf, der im Durchschnitt fünfmal höher war als der obere Grenzwert für die Normalität (ULN).

Mehr als ein Viertel aller Patienten hatte erhöhte TTG-IgA-Werte (25,4 %). Bei jedem TTG-IgA-Wert über dem ULN lag die Sensitivität für die Diagnose einer Zöliakie bei 81,8 %, die Spezifität bei 95,7 %, der positive prädiktive Wert bei 87,7 %, der negative prädiktive Wert bei 93,3 % und die Gesamtgenauigkeit des Tests bei 91 %.

In der Untergruppe der Patienten mit TTG-IgA-Werten über dem 10-fachen des ULN (n=132) wiesen alle bis auf zwei Patienten eine Zottenatrophie auf, was zu einer erhöhten falsch-positiven Rate führte.

Die Schlussfolgerungen

Der TTG-IgA-Test könnte für die nicht-invasive Diagnose von Zöliakie bei sorgfältig ausgewählten Erwachsenen verwendet werden, insbesondere bei Personen mit sehr hohen Antikörperspiegeln. Gegenwärtig besteht allerdings ein breiter Konsens darüber, dass bei Personen mit einem erhöhten TTG-IgA-Wert, der unter einer 10-fachen Erhöhung liegt, ein biopsiebasierter Ansatz erforderlich ist. Die Biopsie gehört derzeit also weiterhin zum Goldstandard der Zöliakie-Diagnostik. Ungeachtet der Akzeptanz eines nicht-bioptischen Diagnoseansatzes wird die Biopsie angesichts der Tatsache, dass die TTG-IgA-Werte vieler Patienten unter den vordefinierten Schwellenwerten liegen, in vielen Szenarien eine Schlüsselkomponente der CeD-Diagnose bleiben.

Sie möchten mehr zum Thema biopsiefreie Diagnoseverfahren lesen? Eine amerikanische Forschergruppe beleuchtete in einer Übersichtarbeit die Verfahren der Biopsie und der Nicht-Biopsie sowie Kritikpunkte und Verbesserungsvorschläge beider Ansätze. [3]

Quellen

*Aufgrund der Lesbarkeit wird hier das generische Maskulinum verwendet. Die verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich – sofern nicht anders kenntlich gemacht – auf alle Geschlechter