Weizenintoleranz und chronische gastrointestinale Symptome in einer australischen, bevölkerungsbasierten Studie: Assoziation zwischen Weizensensitivität, Zöliakie und funktionellen gastrointestinalen Störungen

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Weltweit verzichten immer mehr Menschen ohne medizinische Notwenigkeit, d. h. ohne gesicherte Diagnose einer Zöliakie (CD) oder Weizenallergie, auf den Verzehr von gluten- oder weizenhaltigen Produkten. Die Prävalenzrate der selbst-vermuteten Weizensensitivität (SVWS) liegt zwischen 4 % und 13 %.

Die Nicht-Zöliakie-Gluten- oder Weizensensitivität ist ein klinisches Syndrom, das durch gastrointestinale (GI) oder extraintestinale (EI) Symptome charakterisiert ist, im Zusammenhang mit dem Verzehr von gluten- oder weizenhaltigen Lebensmitteln auftritt und nicht durch andere Diagnosen erklärt werden kann. Die mit Weizen oder Gluten assoziierten Symptome sind mit den Symptomen einer funktionellen GI Störung vergleichbar, insbesondere mit den Symptomen einer funktionellen Dyspepsie (FD, Reizmagen) oder des Reizdarmsyndroms (RDS).

Ziel dieser Studie war, die Prävalenz und die Prädiktoren der SVWS anhand einer Stichprobe der australischen Allgemeinbevölkerung zu schätzen und diese in eine Beziehung mit verschiedenen Komorbiditäten (einschließlich allergische Erkrankungen und Autoimmunerkrankungen), einer FD- oder RDS-Diagnose gemäß modifizierten Rom-III-Kriterien und demografischen Faktoren zu setzen. Ein weiteres Ziel der Studie war, die Prävalenz der ärztlich gesicherten CD zu bestimmen und die Assoziation zwischen einer CD und chronischen GI Symptomen sowie funktionellen GI Störungen einschließlich RDS und FD zu definieren.

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2015 wurde der Gesundheitsfragebogen Digestive Health and Wellbeing mit Fragen zur Magen-Darm-Gesundheit und dem allgemeinen Wohlbefinden insgesamt 8.499, nach dem Zufallsprinzip aus dem australischen Wählerverzeichnis ausgewählten, Personen zugesandt. Die Rückläuferquote betrug 43,1 % (3.542 Rückläufer). 3.115 Befragte hatten alle für eine SVWS-Diagnose erforderlichen Komponenten beantwortet und kamen für eine Risikofaktoranalyse infrage.  Patienten mit gesicherter RDS-Diagnose oder Kolonkarzinom/Kolonpolypen wurden ausgeschlossen. Um eine höhere Rückläuferquote zu erreichen, wurden Follow-up-Mailings nach Dillmann (Total Design Method) versandt. Das Durchschnittsalter der Respondenten lag bei 57,1 Jahren (Spannweite: 18 – 115 Jahre), 46,9 % waren männlich. Unter den Respondenten lag der Anteil von weiblichen und älteren Personen etwas höher als in der Gruppe der angeschriebenen Personen, die nicht antworteten.

Unter den Respondenten der Stichprobe litten 1,2 % unter einer ärztlich gesicherten CD und 14,9 % unter einer SVWS gemäß Definition. Diese Ergebnisse decken sich mit den bisher berichteten Prävalenzraten für CD und SVWS. Die FD-Prävalenz in dieser Stichprobe lag bei 16,2 % und die RDS-Prävalenz bei 12,9 %. Unter diesen Patienten, die die Rom-III-Kriterien zur Diagnose des Reizdarmsyndroms erfüllten, litten 19,2 % unter dem Subtyp RDS-C, 25,2 % unter dem Subtyp RDS-D, 52,1 % unter dem Subtyp RDS-M und die übrigen 3,5 % unter dem Subtyp RDS-U.

Von den 18 bewerteten Symptomen waren alle signifikant mit einer SVWS-Diagnose assoziiert. Dies deckt sich ebenfalls mit den Ergebnissen früherer Studien, die im Zusammenhang mit der SVWS Symptome wie Völlegefühl, Abdominalschmerzen und abnormales Stuhlverhalten berichten. Alle Symptome traten in der SVWS-Kohorte mit höherer Prävalenz auf. Dies deutet darauf hin, dass Weizen, wenn ursächlich, ein breites Spektrum an Symptomen auslösen kann, und stützt auch die Ergebnisse einer früheren Symptom-Analyse innerhalb dieser Patientengruppe. Gegenüber den Befragten ohne SVWS berichteten diejenigen mit SVWS mit höherer Wahrscheinlichkeit multiple Abdominalsymptome und zudem ein häufigeres Auftreten aller bewerteten Symptome.

Außerdem wurde eine signifikante Assoziation zwischen SVWS und funktionellen GI Störungen einschließlich RDS und funktionelle Dyspepsie beobachtet. In der SVWS-Kohorte lag die Prävalenz von RDS-bezogenen Symptomen bei 35,1 %, die Prävalenz von FD-bezogenen Symptomen bei 31,3 %, und 45,3 % der Patienten in dieser Kohorte erfüllten die symptomatischen Kriterien für eine funktionelle GI Störung (entweder RDS oder Dyspepsie).

In der CD-Kohorte lag die Prävalenz von FD-bezogenen Symptomen bei 38,9 % gegenüber 15,9 % in der Bevölkerung ohne CD. Die Prävalenz von RDS-bezogenen Symptomen lag in der CD-Kohorte bei 25 % versus 12,7 % in der Bevölkerung ohne CD. 47,2 % der CD-Patienten erfüllten die symptomatischen Kriterien für eine funktionelle GI Störung. Verglichen mit nicht betroffenen Personen berichteten CD-Patienten zudem signifikant schwerere GI Symptome.

Zusammengefasst berichtete die SVWS-Kohorte ein breites Spektrum an Symptomen mit einer signifikant höheren Prävalenzrate als in der nicht betroffenen Bevölkerung, und das Syndrom ist unabhängig mit den funktionellen GI Störungen RDS und funktionelle Dyspepsie assoziiert. Fast die Hälfte der Befragten mit SVWS (45 %) leidet an einer zugrundeliegenden GI Störung. Patienten mit gesicherter CD-Diagnose berichten zudem auch höhere Raten verschiedener GI Symptome und erfüllen mit größerer Wahrscheinlichkeit die diagnostischen Kriterien für eine funktionelle Dyspepsie und das RDS.

Quelle

Potter MDE, Walker MM, Jones MP et al. American Journal of Gastroenterology 2018; 113(7):1036-1044

Weizensensitivität

Die Gluten-/Weizensensitivität äußert sich mit unspezifischen Symptomen, die sowohl intestinal als auch extraintestinal auftreten und dem Krankheitsbild einer Zöliakie oder Weizenallergie ähneln. Die Diagnose erfolgt über das Ansprechen auf eine glutenfreie Ernährung, nachdem Zöliakie und Weizenallergie ausgeschlossen wurden.

Weizenmehl auf dem Tisch
Zöliakie

Zöliakie zählt zu den Autoimmunerkrankungen und wird durch Gluten, einem Klebereiweiß, das in vielen Getreidesorten wie beispielsweise Weizen, Gerste, Dinkel, Roggen, Kamut und Triticale vorkommt, ausgelöst. 

Darmzotten