Zöliakie ist eine komplexe, entzündliche Enteropathie, die durch die Aufnahme von Gluten verursacht wird und bei einer Untergruppe genetisch anfälliger Menschen auftritt, die entweder das Gen HLA-DQ8 oder HLA-DQ2 in sich tragen. Jedoch ist die Pathogenese der Zöliakie noch nicht genau geklärt.
An einem Mausmodell, dessen Ergebnisse kürzlich im Fachmagazin Nature veröffentlicht wurden, wurde untersucht, welche Faktoren für die Zottenatrophie bei Zöliakie entscheidend sind. Denn komplexe Immunerkrankungen wie die Zöliakie entstehen nicht aus dem Funktionsdefekt eines einzelnen Gens, sondern aus dem Zusammenspiel kleiner Veränderungen über viele immunrelevante Gene hinweg.
Im Mausmodell konnte gezeigt werden, dass sich Zöliakie als Ergebnis einer komplexen Wechselwirkung zwischen mehreren angeborenen und adaptiven Immunwegen entwickelt, die schließlich zu einer Gewebezerstörung führt.
So ist eine Überexpression von Interleukin-15 (IL-15) in der Lamina propria erforderlich, um die adaptive Anti-Gluten-Reaktion hervorzurufen und Typ1-T-Helferzellen (TH1) zu bilden. HLA-DQ8 erleichtert und verstärkt die Zytokin-Interferon-gamma-Reaktion, die für die Entwicklung des Gewebeschwunds erforderlich ist. Die durch HLA-DQ8 und IL-15 geförderte TH1-Immunantwort reicht jedoch nicht aus, um eine Gewebezerstörung zu verursachen. Es muss mit IL-15 im Darmepithel synergistisch wirken. Dadurch werden Intraepitheliale Lymphozyten (IELs) weiter gefördert, was zu einer Abtötung von Epithelzellen führt. Darüber hinaus spielt das Enzym Transglutaminase 2 bei der Gewebezerstörung eine Rolle.
Fazit
Zöliakie kann als Puzzle dargestellt werden, bei dem jedes Teil, das eine Komponente der Anti-Gluten-Immunantwort darstellt, ineinandergreifen muss, um zur Entwicklung einer Zottenatrophie zu führen. Diese Erkenntnisse bieten die Möglichkeit, das Verständnis von Zöliakie zu verbessern und neue therapeutische Strategien zu entwickeln.
Kommentar von Prof. Carlo Catassi
Department of Pediatrics, Head
Università Politecnica delle Marche, Ancona, Italy
Es besteht kein Zweifel, dass die Suche nach innovativen heilenden Lösungen für die Zöliakie bisher durch das Fehlen eines geeigneten Tiermodells für die Krankheit zurückgehalten wurde. Tatsächlich sind Studien an "menschlichen Versuchskaninchen" schwierig durchzuführen, nicht nur aus ethnischen Gründen, sondern auch wegen des langen Zeitrahmens und der hohen Kosten.
Die transgene Maus, die von Abadie et al., erzeugt worden ist, entwickelt nach der Einnahme von Gluten nicht nur die Immunantwort auf dieses Protein, wie das Auftreten von Antikörper gegen deamidierten Gliadinpeptide im Serum zeigt, sondern auch die für die Zöliakie typische Dünndarmläsion, d.h. die Atrophie der Zotten. Noch ist das Modell nicht perfekt, beispielsweise entwickelt das Tier nicht die für die menschliche Zöliakie charakteristischen Serum-Anti-Transglutaminase-Antikörper, aber es ist sicherlich eine vielversprechende "Simulation".
Diese transgene Maus wird uns nicht nur helfen, die komplexen Mechanismen zu verstehen, die zu der Entstehung einer Zöliakie beitragen, sondern wird auch in den immer zahlreicheren Studien zu innovativen Therapien breite Anwendung finden. Die Verfügbarkeit eines geeigneten Tiermodells, wie das in dieser Studie beschriebene, wird die Forschung zur Verbesserung der Lebensqualität des Zöliakiepatienten mit Sicherheit beschleunigen.